Tag 6: Out of Berlin – Bergfest mit Blick auf die Quadriga

6. Okt. 2025 | 0 Kommentare

Der Tag begann ruhig. Die Sonne fiel durch das Fenster, der Himmel war klar und strahlend blau. Heute stand nur eine kurze Etappe an – rund 40 Kilometer. Bis zu meinem Zwischenziel, dem Brandenburger Tor, waren es rund 8 km. Bevor es dann weitergehen sollte Richtung Norden. Ich ließ mir am Morgen Zeit, kein Stress, kein Hetzen. Nach den anstrengenden Tagen zuvor tat es gut, einfach langsamer zu starten.

Die Fahrt durch Berlin begann überraschend angenehm. Die Radwege im Zentrum sind deutlich besser ausgebaut, als ich es gestern erwartet hatte. Man kommt wirklich gut voran – fast so, als würde die Stadt einem, zumindest für einen Moment, den Weg ebnen. Und dann war er da: der Moment, auf den ich mich seit Tagen gefreut hatte. Das Brandenburger Tor.

Dort, wo täglich tausende Menschen vorbeiströmen, stellte ich meinen Roller ab, machte das Foto – das heutige Beitragsbild – und blieb einfach einen Moment stehen. Über 300 Kilometer liegen nun hinter mir. Ziemlich genau die Hälfte meiner Strecke, das Bergfest. Ich sah hoch zur Quadriga, und in mir mischten sich Stolz, Dankbarkeit und ein bisschen Ungläubigkeit. Vor sechs Tagen stand ich noch auf dem Fichtelberg, und in weiteren sechs Tagen will ich den nördlichsten Punkt der ehemaligen DDR erreichen – Kap Arkona. Es ist seltsam: Man fährt jeden Tag einfach weiter, Kilometer um Kilometer, und plötzlich steht man an einem Ort, der Symbol ist für Geschichte, Wandel und Ziel. Für mich war es ein stiller, bewegender Moment.

Anschließend fuhr ich weiter durch das politische Herz der Hauptstadt. Regierungsgebäude, Glasfassaden, Denkmäler. Es war Montagvormittag, die Straßen erstaunlich ruhig. Irgendwann fiel mir auf, dass die Stadt gar nicht mehr so hektisch wirkte wie gestern. Der Verkehr war derselbe, die Geräusche auch – aber in mir hatte sich etwas verändert. Ich war ruhiger, entspannter, offener. Und da wurde mir klar: Oft liegt es nicht an der Umgebung, ob wir Hektik oder Gelassenheit spüren, sondern an unserer eigenen Haltung. Wer in sich Ruhe trägt, findet sie auch mitten in der Stadt.

Was mir auffiel, waren die vielen Rad- und Mopedfahrer der Lieferdienste, die durch die Straßen huschten – Essen, Getränke, kleine Alltagsdinge. Ein Sinnbild für den Wandel unserer Gewohnheiten. Immer mehr Menschen lassen sich Dinge bringen, statt sie zu holen. Vielleicht, weil sie glauben, keine Zeit zu haben, vielleicht, weil sie glauben, es sei bequemer. Ich musste daran denken, wie wichtig es ist, sich Bewegung zu bewahren – nicht nur körperlich, sondern auch innerlich.

Nach dem Brandenburger Tor wurde die Fahrt gemächlicher. Ich ließ den Roller einfach rollen, hielt an Gedenktafeln, las kurze Texte, dachte über Mauern und Grenzen nach – damals und heute. Es war kein Tag zum Rennen, sondern einer zum Atmen. Eine Etappe der Stille mitten im Lärm.

Und ja – ich spürte auch einen kleinen Energieabfall. Dieses Gefühl, wenn man ein Ziel erreicht und die Anspannung abfällt. Wie nach einer Prüfung, die man lange vorbereitet hat. Aber gleichzeitig war da auch Freude. Heute Abend treffe ich meine Familie wieder – auf einem Campingplatz in Oranienburg. Dort endet dieser Tag mit einem Essen im Camper, Lachen, Gesprächen und dem guten Gefühl, die erste Hälfte geschafft zu haben.

Was ich mir aus diesem Tag mitgenommen habe

Das Erreichen eines Ziels fühlt sich nie so an, wie man es sich vorher ausmalt. Es ist weniger Feuerwerk und mehr Stille – aber genau darin liegt die Kraft. Man merkt, dass Ankommen kein Ende bedeutet, sondern nur ein Zwischenhalt auf einem längeren Weg.

Ich habe heute gespürt, wie sehr die eigene Wahrnehmung die Welt formt. Dieselbe Stadt, dieselben Geräusche – und doch ein ganz anderes Gefühl. Innere Ruhe ist kein Zustand, den man findet, sondern eine Entscheidung, die man trifft.

Und schließlich: Es tut gut, sich selbst kleine Pausen zu erlauben. Nach Tagen des Schiebens und Rollens durfte heute einfach mal die Seele rollen. Vielleicht ist das das Geheimnis jeder Reise – dass man manchmal stillstehen muss, um sich wieder vorwärts zu fühlen.

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Bis morgen

Dirk

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